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Der Tag danach…

Gestern war Muttertag. Heute hat mein Kind Magen-Darm.


Kennst du das auch? Der Alltag, der doch so ganz anders aussieht als das innere Bild, das wir von einer harmonischen Familie haben. Ganz ehrlich, ich kenne keine einzige Frau, die nicht durch ihre Rolle als Mutter mindestens eine Tonne an früheren romantischen Vorstellungen über Board werfen musste!

Vor ein paar Jahren hätte ich jetzt gesagt: Ich hatte mir diese Woche anders vorgestellt, aber ok, als liebevolle Mutter stelle ich mich hinten an und kümmere mich natürlich rund um die Uhr um mein krankes Kind – und den Papa, der jetzt auch mit Bauchweh nach Hause gekommen ist. Ich habe Verständnis, dass keiner kommen will, um mich zu unterstützen – wer will sich schon anstecken? Darum frag ich gar nicht erst, ich will ja nicht, dass sie sich schlecht fühlen, wenn sie mir absagen.
Und ich hätte mir selbst eine 1 gegeben, weil ich so eine gute Mutter bin.


Nachdem ich das ein paar Jahre durchgezogen habe, lief es äußerlich genau so, aber innerlich spielte ungefähr diese Sendung: Wie lange soll es bitte noch so weiter gehen, dass es keine einzige Woche gibt, in der ich EINMAL das machen kann, was ich mir vorgenommen habe? Ich kann nicht mehr! Ich bin seit drei Stunden auf den Beinen und habe noch nicht mal gefrühstückt. Und ich mache das seit Jahren so! Warum kommt keine Sau, um mir zu helfen? Von wegen Phase, es ist doch immer irgendwas anderes! Als Mutter hast du einfach die A-Karte. Wenn es hart auf hart kommt, musst du IMMER weiter machen, es fragt dich keiner, ob du noch kannst oder noch willst. Deine Bedürfnisse sind scheißegal, solange du deinen unbezahlten, von allen als selbstverständlich erachteten Job zu Hause machst und dafür das aufgibst, was dir mehr Geld, Abwechslung, Freude und Unabhängigkeit geben würde.
Und ich habe meine Kraft aus der Wut gezogen, weil ich sonst keine mehr hatte. Und eine Menge Scham aufgehäuft über meine hässlichen Gedanken.

Heute habe ich bemerkt, dass ich diese Stimmen immer noch gut kenne und sie sich prompt beide zum Dienst gemeldet haben. UND dass ich noch mehr dazu sagen konnte, bevor eine von ihnen das Programm übernommen hat:
Ja, ich will mich gut um mein krankes Kind kümmern.
Ja, es ist mal wieder anders als geplant und ich hätte den Muttertag lieber nicht damit verbracht, Kotze aufzuwischen. Ja, wirklich! Und ich habe mich auf die Ruhe gefreut, wenn die Kinder in der Kita sind.

Und ja, ich bin eine gute Mutter, wenn ich mir eine Pause gönne, das mache, was mir gut tut, und nicht erst heute Abend wenn alle im Bett sind. Wenn ich meinen Körper frage: Was brauchst du gerade. (Jetzt gerade: in einem hellen Raum sein statt am Bett meines Kindes, das es dunkel haben will. Frühstücken und guten Gedanken nachhängen. Ein paar Notizen machen. Am liebsten später was dazu aufschreiben und dabei Tee trinken. Mich nicht alleine fühlen, meinen Freundinnen ehrlich sagen, wie es mir geht).

All das wusste ich auch in den Jahren vorher. Ich wusste es im Kopf und hatte eine Allergie auf schlaue Ratschläge und Kalender-Sprüche „Tu dir selbst was gutes, damit du anderen was gutes tun kannst“.


Also was ist heute anders? Warum fühle ich mich anders?

Weil ich die Erlaubnis, mir selbst etwas gutes zu tun, in mir selbst gefunden habe, anstatt dass sie jemand von außen an mich heran getragen hat. Es fühlt sich an wie eine Chance. Nicht mehr wie noch eine weitere Aufgabe: Wischen, Kinder versorgen, Kochen, wieder wischen, ein Selfie auf dem Balkon machen mit einem seligen Lächeln und einer Tasse Kaffee in der Hand, damit alle sehen wie ich alles top im Griff habe, dann bemerken, dass das Kleinkind währenddessen in aller Ruhe den Putzschrank ausgeräumt hat und dabei die Brechschüssel vom Großen als Hut benutzt.


Durch die Arbeit mit meinem Nervensystem weiß ich: Wenn ich anfange, ge-NERVT zu werden, bin ich dysreguliert und brauche erstmal von mir Selbst Hilfe. Denn meine Kinder spüren meine Genervtheit und dann geht der Teufelskreis erst so richtig los (wer weiß, wovon ich rede?!)
Inzwischen weiß ich, was ich persönlich brauche, um mich zu regulieren: (Für mich: Ruhe auf den Ohren, einen Moment für mich, genug trinken, einen Moment für Ideen, die nichts mit den Kindern zu tun haben). Also bekommen die Kids ein Hörspiel mit Kopfhörern. Ich zieh mich mit dem Laptop zwischendurch in die Küche zurück und lasse Rest einfach stehen und liegen.

Und durch die Auseinandersetzung mit vielen inneren Anteilen, die Gefühle und Glaubenssätze mit sich tragen, weiß ich, dass das, was mein Gehirn mir so alles erzählt, nicht zwingend die Wahrheit ist, die unter allem liegt. Und wie ich mich dieser Wahrheit nähern kann, ohne mich zu verbiegen oder noch mehr Druck zu machen.

Konsequente Medienzeit – auch so ein Mythos, der Mamas ein schlechtes Gewissen macht.

Ich bin öfter in Verbindung mit meinem tieferen Selbst


Die Merkmale des tiefen Kern-Selbst, nach R. Schwartz, sind

  • Mitgefühl (Compassion)
  • Mut (Courage)
  • Zuversicht (Confidence)
  • Neugier (Curiosity)
  • Verbundenheit (Connection)
  • Kreativität (Creativity)
  • innere Ruhe (Calm)
  • und Klarheit (Clarity)


Welche brauchst du heute, am Tag nach Muttertag, um über diese Woche zu kommen?
Kannst du deine inneren Stimmen bitten, dir einen Moment Ruhe zu geben, um dich damit zu verbinden?

Ich versuche es heute mal mit Mut: Mut (um das zu bitten, was für andere vielleicht ungemütlich sein könnte: Könntet ihr mir helfen, auch wenn es kurzfristig ist? Und Mut zu sagen: ich mach heute trotzdem eine Zeitlang für mich, auch wenn ihr mich hier brauchen würdet). Ich brauche auch Mut, um das hier raus zu hauen, ohne vorher nochmal nach Fehlern zu suchen oder darüber nachzudenken, was jetzt jemand über mich denkt.

Und ich versuche mir, etwas Verbundenheit runter zu laden – weil ich trotzdem eine Mama bin, die ihre Familie liebt. Und auch mit den Anteilen verbunden bleibt, die was anderes brauchen als Kids rund um die Uhr. Und Verbundenheit, weil ich WEISS ich bin nicht die einzige Mama, der es so geht. Und wenn du dich darin wiederfindest, dann weisst du, du bist auch nicht allein. Und das ist der Grund, warum ich das jetzt hier schreibe.

Während ich das schreibe, merke ich, wie Klarheit, Neugier und Zuversicht sich auch dazu gesellen. Hallo, SELBST. Ich hoffe, ich komme über die nächsten 20 Minuten, ohne dich wieder zu verlieren. Aber ich weiß wenigstens, wo ich dich finde. Tief in mir, hinter all den „Du musst, du solltest, hilft ja doch nichts.“ Du brauchst dir nicht von außen sagen lassen, was das richtige ist.
Ich weiß, du trägst das Wissen über DEINEN Weg ganz tief in dir.

(Das sind übrigens nicht meine Kinder auf den Fotos -aber ich hatte noch einen dankbaren Moment, um welche raus zu suchen. Fotos von Annie Spratt auf UnsplashEmily Wade auf Unsplash, Tanaphong Toochinda auf Unsplash. Danke und viel Kraft für euren Mama-Alltag! Danke, dass ihr Fotos macht, die nicht nur die strahlende Familie zeigen. Und mein Kaffee ist auch selten noch dampfend heiß, wenn ich dazu komme, ihn zu trinken. Foto von Clay Banks auf Unsplash)

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