Was ist Internal Family Systems (IFS), auf deutsch die Arbeit mit dem inneren Familiensystem?
Warum begeistert mich dieses Modell als Psychologin – und wie kannst du es für dich nutzen?
Ich behaupte: Jeder, der sich schon einmal zu einem Sportkurs angemeldet hat und sich dann nicht mehr aufraffen konnte, versteht IFS sofort. Im Alltag kommen wir immer wieder mit unterschiedlichen Anteilen von uns in Kontakt, die sehr gegensätzliche Ziele verfolgen können.
Den inneren Kritiker, innere Antreiber und auch den sprichwörtlichen inneren Schweinehund kennen wir alle!
Doch manchmal blockieren wir innerlich so sehr, sodass wir uns, unseren Zielen oder unseren (Arbeits-) Beziehungen schaden und eine gesunde Weiterentwicklung verhindern. Und dass, obwohl manche Teile von uns es wirklich besser wüssten.
Warum tun wir Dinge, die wir nicht wollen – und nicht, was uns gut tut?
Internal Family Systems ist ein besonders wohlwollendes und effektives psychologisches Modell, um diese Frage zu beantworten. Es hilft, die Dynamik dahinter wirklich zu verstehen und inneren Konflikte sanft und schnell zu lösen.
Lieber Hören statt Lesen?
Eine der Besonderheiten von IFS ist die Atmosphäre von tiefem Vertrauen und Wertschätzung. Sie schwer in Worte zu fassen, doch man spürt sie sofort, wenn man eine Sitzung miterlebt.
Wenn du einen Eindruck bekommen möchtest, wie IFS im Coaching ablaufen kann, höre dir gerne mein Interview im SystemTisch-Podcast an: Hier gebe ich einen Einblick in die Methode und coache Gastgeberin Rebekka bei einem emotionalen Entscheidungskonflikt (am Ende des Interviews).
Inhaltsverzeichnis
- Kurzer Überblick:
- Was macht das IFS-Modell so besonders?
- Für wen ist IFS besonders geeignet?
- Fallbeispiel: Warum tue ich, was ich nicht will?
- 2. Beispiel: So hilft IFS Selbstständigen
- Warum ist IFS so effektiv?
- Das besondere Menschenbild in IFS
- Das „Selbst“ als zentrale Rolle im inneren Familiensystem
- Warum ist IFS für sensible Menschen besonders heilsam?
- Mehr über IFS im Coaching erfahren
- IFS Therapeutenliste
- Weitere Quellen und Literatur
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Kurzer Überblick:
Internal Family Systems (IFS), auf deutsch das „System der Inneren Familie“, ist eine Methode aus der Psychotherapie, die auch in Coaching und Beratung für die Lösung innerer Konflikte und belastender Gefühle genutzt wird. Die Aha-Momente sind jedoch für jeden Menschen spannend. Sie könnten auch deine Sicht auf so manches Problem radikal verändern.
Häufige Beispiele im Coaching sind das „Imposter-Syndrom“, Entscheidungsschwierigkeiten, „unangemessen“ intensive Gefühle oder „Selbst-Sabotage“.
Weltweit sorgt die IFS-Therapie nach Dr. Richard C. Schwartz derzeit für einen Paradigmenwechsel im psychologischen Menschenbild. Das IFS-Modell geht davon aus, dass die Persönlichkeit eines Menschen keine feste Einheit ist, sondern aus verschiedenen Anteilen besteht, die miteinander harmonieren, sich unterstützen aber oder auch in Konflikt geraten können: Genau wie in einer großen Familie. Je nachdem, welcher Anteil gerade aktiviert ist, kann ein Mensch eine Situation sehr unterschiedlich wahrnehmen und darauf reagieren.
Kern-Annahme in IFS ist, dass jeder Anteil eine wichtige Botschaft für uns hat: Selbst die unangenehmen oder sogar destruktiven Teile sind in einer Rolle gefangen, die irgendwann einmal notwendig für uns war.
Dieser zutiefst wertschätzende Perspektivwechsel kann innerhalb von kurzer Zeit eine bleibende psychische Entlastung und nachhaltige Veränderung bewirken. Dabei geht IFS besonders auf die Dynamik zwischen gegensätzlichen Persönlichkeitsanteilen ein und löst innere Konflikte direkt an der Wurzel. So kann neues Verhalten leichter umgesetzt werden und innere Widerstände lassen deutlich nach.
Das System der inneren Familie ermöglicht es Klient und Coach/Therapeut, Eigenschaften wie Mut, Zuversicht, Mitgefühl und Kreativität direkt im Nervensystem zu aktivieren und zur Lösung zu nutzen. Dadurch können wir sowohl mit alltäglichen Situationen, besonderen Herausforderungen und sogar psychischen Erkrankungen ganz neu, sanft und effektiv umgehen.
Auch in Deutschland wird diese Methode immer bekannter und beliebter.
Ich selbst biete IFS-informiertes Coaching sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch an.
Was macht das IFS-Modell so besonders?
Internal Family Systems fällt in der deutschsprachigen Therapie- und Coachinglandschaft mit einem besonderen Menschenbild auf.
Das Bild von der inneren Familie mit vielen „Mitgliedern“ schafft einen intuitiven, heilsamen Rahmen, den viele Menschen nach kurzer Zeit auch alleine anwenden können.
Das Modell kommt aus der Psychotherapie, begründet vom systemischen Therapeut Dr. Richard C. Schwartz. Seit den 1980ern wird es erforscht. Weil es so effektiv ist, ist IFS aktuell extrem beliebt und führt weltweit zu einem Umdenken in der Psychologie.
1. Das Menschenbild
Das Menschenbild des inneren Familiensystems ist ein besonderes Merkmal dieses Modells. IFS geht davon aus, dass die menschliche Psyche keine Einheit ist, sondern aus vielen inneren Anteilen besteht. Den Kern unseres Wesen macht unser tieferes Selbst aus – hier finden wir Mut, Mitgefühl und tiefe innere Weisheit. Ziel von IFS ist es, effektiv zu diesem Selbst zu kommen und von dort aus die innere Führung zu übernehmen: Innere Klarheit und Heilung von früheren Verletzungen oder belastenden Überzeugungen zu erfahren.
2. Sanft und gleichzeitig hoch effektiv
IFS bietet einen sehr wertschätzenden Rahmen für Coaching, Kommunikation, Persönlichkeitsentwicklung und Psychotherapie. Dadurch können erstaunlich schnell tiefe und nachhaltige Ergebnisse erzielt werden: Weil die Klienten lernen, in sich selbst Weisheit, Mut und Klarheit zu finden und damit die Gedanken in konstruktive Bahnen zu lenken.
So war es auch bei Klientin K. im Fallbeispiel unten. Immer wieder „sabotierte“ sie ihren eigenen Fortschritt. Obwohl sie das Muster genau erkannte und versuchte, sich zu motivieren, konnte sie ihr Verhalten nicht ändern. Jedenfalls nicht, bis sie ein tiefes Verständnis für die Ursache und ihre unbewussten Konflikte entwickelte.
3. IFS begeistert Fachleute wie Laien
Immer wieder höre ich von Klienten und auch Therapeuten, dass sie durch IFS ein neues Verständnis von sich und ihren Mitmenschen bekommen haben. Darum war das erste, was mich neugierig gemacht hat, die ansteckende Begeisterung, die IFS auslöst. Auch ich arbeite gerne mit diesem Modell, das mich als Mensch und Psychologin überzeugt.
Für wen ist IFS besonders geeignet?
Jeder kennt Momente, in denen belastende Sorgen, Selbstzweifel oder starke Gefühle überhand nehmen – und wir sie trotz besserem Wissen nicht so einfach „loswerden“. Auch wenn wir uns selbst im Weg stehen oder Entscheidungen schwer fallen, bietet IFS eine unterstützende, befreiende Perspektive. Es hilft, im inneren Dialog wieder wertschätzend und bestimmt die Führung zu übernehmen.
Dadurch ist IFS besonders geeignet dafür, Entscheidungsschwierigkeiten, innere und zwischenmenschliche Konflikte, überschießende Emotionen oder auch Blockaden und Selbstsabotage sanft und effektiv zu lösen.
Es beantwortet auf einer tieferen Ebene die Frage: „Warum tue ich nicht das, was ich wirklich will?“
IFS hilft bei Entscheidungen, Konflikten und Persönlichkeitswachstum
Die meisten von uns kennen den inneren Kritiker, der sich genau dann mit vernichtendem Urteil meldet, wenn wir eigentlich Ermutigung und Zuspruch gebrauchen könnten: Direkt vor dem wichtigen Gespräch, auf das wir uns eigentlich super vorbereitet haben. Oder das Phänomen, Camping gleichzeitig zu lieben – und es zu hassen! 😁
Wenn es darum geht, gesunde Grenzen zu setzen oder beruflich den nächsten Wachstumsschritt zu machen, kann es sein, dass ich das für einige unserer Anteile motivierend anfühlt – und für andere beängstigend.
Wir spüren im Wechsel Vorfreude und Ermutigung. Und dann plötzlich Druck, Zeitstress, Panik, den Wunsch, alles hinzuschmeißen, Selbstzweifel – und fragen uns: Bin nur ich so kompliziert? Warum ist das nicht einfacher?
Dieser innere Konflikt kann lähmen oder zumindest sehr viel Kraft kosten. Die uns dann für die motivierte Umsetzung unserer Ziele fehlt. Er kann dazu führen, dass wir Dinge immer wieder aufschieben oder uns aus Unsicherheit stark an anderen orientieren. Auf eine Art vorgehen, die nicht zu uns uns unseren wahren Bedürfnissen passt.
Befreiende Antworten für schwierige Situationen
Die Arbeit mit den inneren Anteilen nach dem System von IFS kann uns helfen, genau das zu verstehen und zu lösen:
- Warum tue ich nicht das, was ich will? und Warum tue ich das, was ich nicht will?
- Warum trage ich oft gegensätzliche Meinungen und Gefühle in mir?
- Warum ist die Überwindung für manche Dinge so hoch?
- Was ist mir wirklich wichtig?
- Wie kann ich mich langfristig ohne Druck dazu motivieren?
Die befreiende Antwort ist: Es nicht nur dir so.
Vielleicht bist du als feinfühliger Mensch einfach gut darin, deine verschiedenen inneren Anteile wahrzunehmen.
Oder du hast einige, die gerade sehr starke Meinung haben oder starke Gefühle empfinden und dir deshalb besonders auffallen.
Nachhaltige, individuelle Lösungen finden
IFS gibt uns eine Methode an der Hand, die die helfen kann, all das ganz individuell besser zu verstehen und Lösungen zu finden. Sie reduziert sanft, wertschätzend und darum besonders effektiv den inneren Widerstand und setzt dadurch viel Energie, Erleichterung und Freude frei.
Somit ist Internal Family Systems ein Rahmen, der dir immer wieder helfen kann, in unterschiedlichen Situationen Klarheit zu finden. Und darauf aufbauend deine ganz individuellen Lösungen zu entwickeln – und motiviert umzusetzen. Das macht diesen Ansatz besonders nachhaltig. Einmal gelernt, kannst du ihn immer wieder auf neue Situationen anwenden.
Haben wir unsere eigene innere Dynamik einmal wirklich verstanden, bekommen wir oft auch einen „Röntgenblick“ dafür, was bei anderen Menschen los ist – besonders, wenn sie oberflächlich nicht so nachvollziehbar auftreten. Und es hilft uns, selbst klarer und authentischer zu kommunizieren.
Fallbeispiel: Warum tue ich, was ich nicht will?
Frau K. kam mit dem Wunsch zum Selbstfürsorge-Coaching, abzunehmen ohne sich selbst dabei zu „sabotieren“. Sie beschrieb: „Ich starte immer total motiviert. Ich möchte mich wieder wohler und fitter fühlen in meinem Körper und stolz auf mich sein, wenn ich in den Spiegel schaue. Ich hab schon einige verschiedene Sachen ausprobiert – Tennis und Fitnessstudio, Joggen, Low Carb und andere Ernährungsumstellungen. Positive Affirmationen und Mindset. Und es klappt auch immer ganz gut. Doch dann komme ich plötzlich in so ein Loch, als ob etwas in mir umschaltet. Ich mag nicht mehr zum Sport, kann mich nicht aufraffen und kaufe plötzlich wieder Schokolade. Ich versteh mich selbst einfach nicht.“
Am Anfang des Coachings kamen wir vor allem mit dem Anteil von Frau K. in Kontakt, der unbedingt abnehmen wollte. Der war motiviert und auch einigermaßen frustriert über die Rückschläge. Auf die Frage, was sie eventuell hindern oder sogar Angst machen könnte, wenn Frau K. ihr Wunschgewicht erreicht, reagierte er genervt: „Gar nichts! Ich will einfach endlich in die kleinere Jeansgröße reinpassen!“
Was steckte wirklich dahinter?
Als wir gemeinsam die inneren Anteile rund ums Thema Abnehmen betrachteten, zeigten sich nach und nach jedoch noch andere Anteile. Und so kam mit der Zeit heraus, dass es einen Teil von Frau K. gab, der nach ihrer Scheidung und der ablehnenden Reaktion ihrer stark religiösen Familie darauf immer noch sehr verletzt war. Er befürchtete, dass Frau K., wenn sie wieder schlanker wäre, leichter einen neuen Partner kennen lernen könnte. Den müsste sie dann ihrer Familie vorstellen. Und dann, so befürchtete der innere Anteil, könnten die ganzen Verletzungen wieder hochkommen.
Wir arbeiteten also zunächst gar nicht am Abnehmen – sondern an der tiefer liegenden Verletzung und einem guten Umgang mit ihrer Familie. Als der Anteil spürte, dass Frau K. sehr viel Mitgefühl mit ihm hatte, konnte sie Lösungen entwickeln – zum Beispiel den Deal, dass sie einen neuen Partner erst ihrer Familie vorstellen würde, wenn der verletzte Anteil dazu bereit wäre.
Neue Energie und Vorfreude
Sobald dieses Vertrauen etabliert war, kam eine ganz neue Energie ins Thema Abnehmen zurück:
Frau K. entwickelte für sich ein Abnehm-Ziel, mit dem alle ihrer inneren Anteile einverstanden waren.
Es wurde klar: Das Problem war nie, dass sie nicht genug Wissen hatte. Egal, was für ein neues Programm sie noch versucht hätte – so lange der innere verletzte Anteil seine massive Angst nicht loswerden konnte, hätte er alle Versuche blockiert. Doch nachdem er beruhigt war, machte er den Weg frei und Frau K. fühlte sich schnell viel wohler in ihrem Körper. Ihre Ausstrahlung wurde viel offener und sie fand sogar Spaß daran, wieder zu flirten.
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2. Beispiel: So hilft IFS Selbstständigen
Ganz ähnlich kann es uns auch als Unternehmer und FreiberuflerInnen gehen: Wenn uns unbewusste Anteile davon zurückhalten, Marketing zu machen, ein Team aufzubauen oder ein neues Projekt zu starten, liegt das oft nicht an einer fehlenden Strategie.
Sondern daran, dass wir gleichzeitig Anteile in uns tragen, die den Erfolg wollen – und solche, die Angst davor haben, sichtbar zu werden, die befürchten, Kunden zu enttäuschen, oder Angst davor haben, dass der Erfolg ausbleibt. Und die um jeden Preis versuchen, uns davor zu schützen.
Zum Beispiel Hannah (Name geändert): Sie ist seit über 13 Jahren erfolgreich Selbstständig. Ihre Kunden sind regelmäßig total zufrieden, eigentlich hat sich noch nie jemand über ihre Arbeit beschwert. Trotzdem liegt sie vor jedem neuen Erstgespräch oder neuem Projekt nachts wach im Bett. Sie befürchtet: Diesmal wird es bestimmt total anstrengend, die werden bestimmt Dinge fragen oder fordern, die ich nicht kann. Und dann sehe ich total inkompetent aus.
Gleichzeitig ärgert sich ein anderer Anteil: „Ohne diese Selbstzweifel könnte ich meine Klienten noch mehr überzeugen – meine Zögerlichkeit bewirkt doch gerade erst, dass sie an mir zweifeln. Wenn ich selbstbewusster wäre, würde ich endlich so kompetent wirken, wie ich wirklich bin!“Oder Lisa, die ihre Kunden unterstützt, Texte zu schreiben. Ihre Kunden lieben diese Texte, die voller Persönlichkeit und Seele stecken. Und gleichzeitig meldet sich immer wieder ein Anteil der sagt: „Aber das wollen die Menschen gar nicht – das macht nicht genug Umsatz. Was du WIRKLICH anbieten solltest, sind auf Konversion getrimmte Texte und Vorlagen, die sie schnell umsetzen können.“
Lisa und auch Hannah waren total genervt von diesen inneren Zweiflern. Nachdem sie festgestellt hatten, dass diese inneren Zweifler sie vor allem davor schützen wollten, Fehler zu machen, und ihnen auf ihre Art helfen wollten, erfolgreicher zu sein, konnten sich diese Anteile etwas beruhigen. Hannah berichtet, dass sie noch Monate nach unserem Coaching besser schlief – weil sie jetzt am Tag mit ihren Anteilen spricht, anstatt nachts. Und Lisa kam in einen kreativen Flow, Texte voller Seele schrieb, auf die sie und ihre KundInnen so richtig stolz waren.
Wenn wir lernen, unsere Anteile wirklich zu verstehen, können sie eine neue Rolle finden: Statt uns zu sabotieren, können sie zum Beispiel auf eine gesunde Selbstfürsorge achten.
Warum ist IFS so effektiv?
Kurz gesagt: Weil alle unsere Anteile mit einbezogen werden und deshalb den Lösungs-Prozess nicht länger (unbewusst) blockieren.
Wie bei Frau K. zeigen wir im Coaching und in der Therapie oft zuerst die inneren Stimmen, die etwas verändern oder verstehen wollen. Die genervt sind vom Stillstand. Doch meistens gibt es dahinter Persönlichkeitsanteile, die lieber nichts verändern würden, Konsequenzen fürchten oder ausgelaugt sind.
Wertschätzung für alle Anteile
Indem man im Coaching-Prozess oder in der IFS-Therapie wirklich auf ALLE Teile wertschätzend eingeht, die an dem Veränderungsprozess beteiligt sind, kann man unbewusste Konflikte klar sichtbar machen.
Übergeht man diesen Schritt, kommt es zwischen den Sitzungen oft zu Situationen, in denen die polarisierten Anteile die Lösung blockieren, die man sich so mühsam erarbeitet hat. Indem man Bedenken und Widerstände ernst nimmt und wohlwollend zwischen ihnen verhandelt, passiert es seltener, dass zwischen den Gesprächen plötzlich die Motivation versackt oder man sich sogar kontraproduktiv verhält, wie die Klientin in unserem Fallbeispiel.
Die wohlwollende Atmosphäre in einer IFS-Sitzung ist geprägt von Offenheit und dem Ziel, das persönliche Erleben wirklich zu verstehen und dafür auch schwierigen inneren Anteilen zuzuhören. Das senkt die inneren Widerstände gegen eine Lösung, die manche Teile übergeht oder ihnen etwas aufzwingt.
Nachhaltige Erfolge
Mit diesem Ansatz wirkt IFS besonders tiefgehend und effektiv – aber auch nachhaltig, weil Lösungen wirklich umgesetzt werden. Auch im Coaching kommt mit IFS schnell an die Wurzeln von Problemen wie innere Konflikte, Entscheidungs-Schwierigkeiten, Selbst-Sabotage, Ängste und Selbstzweifel.
Internal Family Systems bietet darüber hinaus einen klaren, intuitiven Prozess und eingängliche Fragen und Metaphern, die die Klienten schnell auch selbst für sich übernehmen können. So können sie das gelernte leicht für sich umsetzen und sich im Alltag selbst weiter coachen.
Das besondere Menschenbild in IFS
Der große Besonderheit von Internal Family Systems besteht darin, dass es den Ansatz von inneren Anteilen konsequent und bedingungslos wertschätzend zu Ende denkt.
IFS entstand in einem Moment des Scheiterns: Als Dick Schwartz feststellen musste, dass die gängigen Behandlungsansätze für Bulimie keine befriedigende Wirkung zeigten. Zu der spannenden Entstehungsgeschichte kannst du hier mehr lesen.
Ihm fiel auf, dass seine Klientinnen immer wieder ähnliches berichteten: „Ein Teil von mir möchte ja aufhören mit den Ess-Attacken und dem Übergeben. Aber je mehr ich das mit meiner Willenskraft versuche, desto gnadenloser reagiert der Teil, der unbedingt essen will.“
So kristallisierte sich für Schwartz ein völlig neues Verständnis der menschlichen Psyche heraus: Wir haben nicht „einen“ Verstand, „eine“ Psyche. Wir kommen mit vielen inneren Anteilen auf die Welt. Wie in einer echten Familie können diese sich gegenseitig unterstützen – oder in Konflikte geraten.
Innere Konflikte sanft lösen
Dieses „innere Armdrücken“, in der Fachsprache als „Polarisierung“ bezeichnet, kennt fast jeder. Bei psychischen Erkrankungen oder Süchten sind diese Muster jedoch besonders intensiv ausgeprägt: Wir wollen es nicht und tun es doch. Genau wie in einer Familie können diese inneren Anteile ganz unterschiedliche Wünsche, Meinungen und Ziele vertreten. Teilweise sehr vehement und emotional.
Kern-Annahme in IFS ist, dass jeder Anteil eine wichtige Botschaft für uns hat: Selbst die unangenehmen oder sogar destruktiven sind in einer Rolle gefangen, die irgendwann einmal notwendig für uns war.
Immer mehr Patienten berichteten Schwartz von ihren inneren Anteilen. Da Schwartz als Familientherapeut ausgebildet war, begann er, mit den inneren Anteilen in der Therapie so zu arbeiten, wie er auch mit “echten” Familienmitgliedern arbeiten würde. Er hörte ihnen zu, begann zu verstehen, wie sie sich gegenseitig beeinflussten und gab ihnen Raum, zu sagen, was ihnen wichtig war. Dies führte immer wieder zu einer enormen Entlastung seiner Klienten.
So kristallisierte sich für Schwartz ein völlig neues Verständnis der menschlichen Psyche heraus: Wir haben nicht “einen” Verstand, “eine” Psyche. Wir kommen mit vielen inneren Anteilen auf die Welt. Durch verletzende oder angstauslösende Erfahrungen nehmen diese Anteile manchmal extreme Rollen ein, um uns in Zukunft zu schützen. Diese sind nicht immer rational sofort nachvollziehbar, aber haben dennoch einen starken Antrieb.
Das „Selbst“ als zentrale Rolle im inneren Familiensystem
Internal Family Systems zeichnet eine weitere Besonderheit aus, die ich bisher in keinem anderen Modell gefunden habe. Es ist die Entdeckung, dass es neben all den natürlichen und belasteten inneren Anteilen noch eine weitere Ebene in uns gibt.
Vielleicht kennst du den Satz: „Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur nie dazu“.
Über die Jahrzehnte stellte Richard Schwartz fest, dass alle Menschen, wenn sie sich nach und nach von ihren inneren Anteilen etwas lösen, einen Raum in sich spüren, in dem sie spontan und ohne weitere Kraftanstrengung plötzlich wieder „wirklich sie selbst“ sein konnten.
Die 8 C’s des „tieferen Selbst“:
Dieses „Selbst“ (mit großem S) zeigte sich bei allen Klienten immer wieder mit besonderen, positiven Wesenszügen. Auf englisch beginnen sie alle mit C, deshalb werden sie auch als die 8 Cs beschrieben.
Auf deutsch lauten die Merkmale des „tieferen Selbst“
- Ruhig und gelassen (Calm)
- Mitfühlend (Compassionate)
- Neugierig und offen (Curious)
- Zuversichtlich und selbstbewusst (Confident)
- Kreativ (creative)
- Mutig (courageous)
- Verfügt über Klarheit (Clarity) und ist
- mit sich selbst und anderen positiv verbunden (Connectedness)
Dieses Selbst gilt in der Arbeit mit der Inneren Familie als zentraler Punkt. Die Methode ist darauf ausgelegt, dass Menschen in sich diese Eigenschaften entdecken. Dadurch entsteht eine besondere Atmosphäre emotionaler Sicherheit. Ich würde sie als unsere innere Weisheit beschreiben. Aus dieser inneren Weisheit wissen wir oft ganz genau, was unsere Anteile wirklich wollen und brauchen und wir können einfühlsam, aber auch klarer mit ihnen umgehen und ganz andere, tief entlastende Lösungen für unsere Konflikte finden.
Das Selbst ist angeboren, nicht gelernt
Anders als andere Ansätze geht IFS davon aus, dass wirklich jeder Mensch diese Eigenschaften in sich trägt. Schwartz beschreibt, dass er sogar mit Gewaltverbrechern, stark vernachlässigten Kindern und anderen Menschen mit extremen Lebensgeschichten gearbeitet hat. Viele von ihnen hatten in ihrer Biographie nicht die Möglichkeit, diese Eigenschaften in ihrem Umfeld zu erlernen – und konnten sie doch nach und nach in sich entdecken.
Darum geht er davon aus, dass diese Eigenschaften nicht erlernt, sondern in jedem von uns angelegt sind. Das ist für die Verhaltenstherapie und Bindungstheorie ein Paradigmenwechsel.
Lies hier mehr über das Selbst oder probiere eine einfache Übung aus, um mit dem tieferen Selbst in Kontakt zu kommen.
Warum ist IFS für sensible Menschen besonders heilsam?
Im Rahmen von Internal Family Systems werden alle unsere Persönlichkeitsanteile respektiert und ihre guten Absichten herausgearbeitet. Das gilt auch für diejenigen, die Widerstände gegen den Prozess haben oder nur langsam voran gehen möchten. Manche Anteile haben Gründe, selbst „sinnvolle“ Veränderungen abzulehnen oder haben Angst vor Veränderungen.
Besonders sensible Menschen haben im Laufe ihres Lebens oft die Erfahrung gemacht, dass ihre Grenzen nicht ganz ernst genommen werden, wenig Verständnis für ihre Sensibilität besteht oder sie sich selbst unter Druck setzen, sich den Erwartungen anderer anzupassen. Oft ist diese Spannung verinnerlicht und zeigt sich dadurch, dass ihre inneren Anteile ganz unterschiedliche Dinge brauchen und wollen.
Durch den besonders einfühlsamen und wertschätzenden Umgang mit diesen gegensätzlichen Anteilen im IFS-Prozess entsteht eine sehr vertrauensvolle Atmosphäre, in der häufig auch die sehr berechtigten inneren Widerstände gewertschätzt werden können. Durch diese Wertschätzung ALLER Anteile ist es möglich, neue Perspektiven und Handlungsspielräume zu finden, mit denen sich alle inneren Anteile wohlfühlen.
Die eigene Empathie als Stärke nutzen
Da besonders empathische und feinfühlige Menschen ein feines Gespür für Druck und Unstimmigkeiten haben, fällt es ihnen oft leicht, polarisierte innere Anteile zu spüren. Sie erleben eine besondere Erleichterung und einen Energie- und Motivationsschub, wenn sie Wege finden, ihre Ziele zu erreichen ohne dabei Teile von sich zu unterdrücken oder über ihre Grenzen hinaus zu gehen. Der Kontakt mit ihrem mitfühlenden, ruhigen und klaren Selbst gelingt ihnen oft besonders leicht und fühlt sich für sie sehr natürlich und intuitiv an.
Wenn sie aus dieser harmonischeren Energie heraus den (Arbeits-)Alltag gestalten, erleben viele sensible Menschen zum ersten Mal seit langem echte innere Ruhe, Flow und tiefe Zufriedenheit. Den Druck gegen sich selbst loslassen zu können ist für viele ein sehr heilsames und eindrückliches Erlebnis. Zu spüren, dass das nicht nur einmalig, sondern langfristig möglich ist, ist eine große Erleichterung. Viele beschreiben dieses Erlebnis als Schlüssel zu einem erfüllenden Umgang mit der eigenen Feinfühligkeit oder Hochsensibilität.
Der Rahmen des inneren Familiensystems hilft ihnen dabei oft auch noch Monate und Jahre nach dem Coaching, mit Herausforderungen sanft, einfühlsam und gerade deshalb besonders effektiv umzugehen. Und so ganz bei sich und ihrem „Selbst“ bleiben zu können. (Das bestätigt übrigens auch die aktuelle Forschung rund um Hochsensibilität).
Mehr über IFS im Coaching erfahren
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IFS Therapeutenliste
So findest du einen IFS-Therapeut, Therapeutin oder Coach in deiner Nähe:
- Viele Therapeuten arbeiten mit inneren Anteilen. Wenn du eine Therapie beginnst, nutze deine erste Sitzung, um gezielt danach zu fragen.
- Es gibt ebenfalls Heilpraktiker und Coaches, die Internal Family Systems nutzen. Auf der Seite von IFS Europe findest du ein Verzeichnis mit Anbietern, die mindestens das Level 1 der zertifizierten IFS-Ausbildung abgeschlossen haben.
- In Deutschland gibt es darüber hinaus noch weitere Anbieter, die das IFS-Modell adaptiert haben und zB. therapeutische Körperarbeit damit verbinden. Eine Liste von Therapeuten und Coaches findet man beim IIFS-Intsitut Heidelberg.
- Ich selbst biete als Psychologin IFS-informiertes Coaching auf deutsch und englisch an. Ich unterstütze Selbstständige, ihren eigenen Weg mit Selbst-Vertrauen und Selbst-Fürsorge zu gestalten.
Weitere Quellen und Literatur
Du bist fasziniert und möchtest noch tiefer ins Thema einsteigen? Hier kannst du mehr erfahren:
- Als erstes empfehle ich das aktuelle Buch von Richard Schwartz, „Kein Teil von mir ist schlecht“. Diese Einführung in Internal Family Systems ist auch für Laien geeignet.
- Im Podcast “Systemtisch” stelle ich IFS vor. Wir sprechen darüber, was es mit dem Nervensystem zu tun hat und ich leite eine Übung an, die hilft, mit aufdringlichen Anteilen umzugehen.
- Die englische Website des Internationalen IFS Instituts enthält viele informative Artikel, Videos und Podcasts rund um IFS.
- Videokurs „Embracing All Of You“: Richard Schwartz und Gabor Maté bei SoundsTrue (englisch)
- Auf YouTube gibt es eine tolle Reihe über IFS auf englisch.
- Sehr spannend: das Interview von Richard Schwartz mit Rich Roll auf Youtube (auch als Podcast verfügbar). Hier kannst du eine Coaching-Sitzung miterleben (englisch).
- In der kostenlosen Meditations-App Insight Timer gibt es einige IFS-Meditationen zum Anhören und Mitmachen, um zB in Kontakt mit inneren Anteilen zu kommen. Dazu einfach IFS ins Suchfeld eingeben.
Podcast Tipps:
- Der Podcast Take a Break von Birgit Rohm erörtert Coachingthemen durch die Linse von IFS auf deutsch.
- Im Podcast „We Can Do Hard Things“ gibt Richard Schwartz eine Einführung in IFS und arbeitet kurz mit jeder der drei Gastgeberinnen. Glennons Fazit: Diese 5 Minuten haben mehr in mir bewegt als die vorherigen 40 Jahre Therapie. Eine sehr spannende Doppelfolge für alle, die gut englisch sprechen: Teil 1 (Folge 295) und Teil 2 (Folge 296)
- Auf englisch gibt es zahlreiche weitere Podcasts, zB. The one inside. Bei Live IFS kann man in IFS-Sitzungen reinhören.
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