Manchmal finde ich das gar nicht so leicht: im Urlaub wirklich abzuschalten und den Moment zu genießen. Zu Hause fällt es mir noch schwerer. Als Psychologin kenne ich dafür eigentlich viele Tipps und Tricks: Stress vorbeugen, negative Gedanken hinterfragen, positive Aktivitäten aufbauen, achtsam mit mir umgehen. Das hab ich gelernt. Und es hilft auch. Aber manchmal fühle ich mich dabei, als würde ich noch eine Aufgabe erledigen. Irgendwie anstrengend.
Und ganz ehrlich gesagt: Seit ich mich intensiv mit dem Nervensystem beschäftige, mache ich vieles ganz anders. Ich habe nämlich einiges herausgefunden, das mir einfach so viel Spaß macht, dass ich es besonders im Urlaub immer wieder mache. Denn mich entspannen, erholen und meine Zeit genießen möchte ich natürlich! Das Schöne ist: Die Arbeit mit dem Nervensystem wirkt auch noch viel besser!
Darum möchte ich heute mit dir teilen, was ich tue, um die Seele baumeln zu lassen. Oder um erstmal in den Zustand „herunter zu bremsen“, indem ich ruhig bleiben kann, ohne ständig aufzuspringen und etwas erledigen zu wollen (kennst du diese Zappeligkeit und Unruhe an den ersten Tagen des Urlaubs?)
Und ich verrate dir, wie du das nachmachen kannst. Und zwar egal, ob du im Urlau wegfährst, oder auf Balkonien chillst. Egal ob du aufgekratzte Kinder dabei hast oder erstmal krank wirst.
Meine 3 Tipps kannst du überall umsetzen, um richtig zu entspannen.
Alles was du dafür brauchst ist Offenheit, was neues auszuprobieren.
Und einen Körper mit Nervensystem, aber ich gehe davon aus, das ist vorhanden!
3 Schritte, um dein Nervensystem sofort zu entspannen
Hier kommen meine persönlichen Tipps, um im Urlaub richtig abzuschalten und zu entspannen.
Profi-Tipp: Am besten funktionieren sie, wenn du diese Reihenfolge einhältst:
1. Das Schöne in mich aufsaugen
Das klingt etwas spannender als zu sagen: Immer mal wieder tief durchatmen. Ja, ich weiß! Das ist nicht wirklich neu. Bleib trotzdem mal kurz neugierig. Denn es funktioniert einfach so gut! Der Atem ist die effektivste Brücke zwischen den Teilen unseres Körpers, die wir bewusst steuern können, und dem autonomen Nervensystem, das zB Herzschlag, Temperatur, Immunsystem, Verdauung regelt. Kaum ein Tier kann seinen Atem so beeinflussen wie der Mensch. Es ist unsere Superpower, aber wir wissen das nicht und nutzen sie kaum. Manchen kommt es zu banal vor. Andere finden es unangenehm, länger auf ihren Atem zu achten, weil es sich komisch anfühlt.
Diese Übung ist super kurz, aber sehr effektiv, sodass du sie du immer und überall machen kannst:
Stell dir vor, du hast eine schöne Pusteblume in einer Wiese aus herrlich duftenden Wildblumen gepflückt.
Oder du sitzt in einem wunderschönen Café am Strand mit einem leckeren Cappuccino (oder für mich: Chai Tee). Vielleicht gefällt dir auch der Duft von Sonnencreme oder deinem Lieblingsparfum.
Atme ein und nimm sanft die Düfte in dir auf, bis deine Lunge ganz gefüllt ist.
Genieße diesen Moment des Erfülltseins für ein paar Sekunden.
Dann puste die Luft sanft, aber stetig durch die Lippen wieder aus – so als ob du den Cappuccino abkühlen möchtest, ohne den Milchschaum zu zerstören. Oder als ob du eine Pusteblume oder Seifenblase sanft wegbläst.
Mache das ganz bewusst, immer wieder über den Tag verteilt.
Kannst du spüren, wie dein Gehirn die Vorstellung genießt?
Fühlst du, wie dein Körper sich entspannt?
Wenn du jetzt gähnen musst, ist das ein Zeichen, dass dein Nervensystem gerade den Gang wechselt und beginnt, sich zu entspannen.
2. Das sanfte Tier deines Körpers
Durch das Atmen entsteht ein Moment der Achtsamkeit für mich und meinen Körper. Mary Oliver schreibt in einem meiner Lieblingsgedichte „Wild Geese“ eine Zeile, die für mich persönlich zu einem Leit-Stern geworden ist:
Du musst nicht brav sein. (…)
Du musst nur das sanfte Tier deines Körpers
lieben lassen, was es liebt.
Bleibe noch einen Moment bei dir und checke, welche körperlichen Bedürfnisse gerade da sind.
Was sagt dir dein Körper? Welche Impulse spürst du instinktiv?
Wenn du ein Tier wärst, ganz ohne Pflichten, was würdest du jetzt gerade tun?
Strecken? Essen? Schlafen? Rausgehen ans Tageslicht? Rennen? Pipi machen?
Sind diese Grundbedürfnisse nicht erfüllt, schaltet dein Nervensystem automatisch auf Stress. Bei Kindern kann man gut beobachten, dass die Laune oft schlagartig besser wird, sobald sie ausgeschlafen und satt sind. Und wie hektisch sie werden, wenn die Blase drückt. Aus meiner Sicht ist das der Schlüssel zur Leichtigkeit- mehr dazu hier.
Als Erwachsene haben wir gelernt, diese Bedürfnisse aufzuschieben und zu vertrösten. Sitzen zu bleiben und zu tun, „was getan werden muss“ (wer entscheidet das eigentlich?). Dann esse ich nur in der Mittagspause, oder nebenher am Computer. Ich warte bis zum Ende des Meetings um etwas zu trinken oder zur Toilette zu gehen… und treffe auf dem Weg eine Kollegin, vergesse was ich eigentlich wollte und schon beginnt der nächste Termin. Und der Körper muss warten.
Wie oft bewegst du dich eigentlich am Tag ganz ohne Zweck und Ziel, einfach nur so, wie es deinem Körper gut tut?
Ich vergesse das oft. Aber ich spüre, wie gut es mir tut, wenn ich mir ein gutes Lied anmache und einfach mal 3 Minuten dazu tanze, ohne dass mich jemand sieht. Das ist GOLD für meine Laune und mein Nervensystem.
3. Erlaube dir, zu spielen!
Jetzt hast du im Gehirn die Weiche umgestellt. Jetzt bringen wir zwei Qualitäten ins Spiel, die Stress, Frust und Sorgen aktiv hemmen: Neugier und Spiel.
Wenn mein Nervensystem gestresst ist, bin ich schnell genervt und fälle manchmal ziemlich harte Urteile. Ein Perspektivwechsel, der mir dann Freude zurück bringt ist: Kann ich ein Spiel aus dieser 🤬 blöden Situation machen? Das funktioniert meistens nicht, wenn ich schon ultra genervt bin. Darum mache ich immer zuerst die anderen beiden Schritte.
Und dann frage ich mich: Wie könnte das hier mehr Spaß machen?
Könnte ich (heimlich) ein Spiel daraus machen?
Es gibt so viele Möglichkeiten, aus dem verbissenen Ernst auszusteigen und innerlich zu spielen. Was fällt dir ein? Schreib mir doch in die Kommentare, ob du auch manchmal innerlich spielst. Ich freue mich immer, wenn ich etwas Neues ausprobieren kann!
4. Sprich darüber!
Apropos: Sobald du die Absicht äußerst, etwas auszuprobieren, steigt die Wahrscheinlichkeit schon enorm, dass du es auch tust. Also, wirklich: Schreib doch gleich hier unten einen Kommentar, was du ausprobieren willst! Und dann setze es am besten direkt um.
Was du mehr als 3 Tage aufschiebst, wird erfahrungsgemäß nicht mehr gemacht.
Übe in Ruhe – spiel damit im Alltag
Vielleicht fragst du dich gerade, was diese Übungen jetzt speziell mit Urlaub zu tun haben?
Tatsächlich kannst du sie immer und überall machen.
Was passiert ist vielmehr innerlich: Dein Nervensystem schaltet in einen Zustand, in dem es Energie auftankt, anstatt sie zu verpulvern. Selbst wenn du aktiv bist und Probleme mit Neugier und Flow löst. Oder Koffer packst. Dein Nervensystem geht quasi in den Urlaubs-Modus.
Außerdem ist der Urlaub an sich eine besonders gute Möglichkeit, um neue Gewohnheiten auszuprobieren und zu festigen. Es ist mehr Zeit und mehr Gelegenheit, mal was anders zu machen. Das Gute an diesen Übungen ist: Haben sie sich im Urlaub bewährt, kannst die sie leichter in den Alltag mitnehmen und auch dort auch im Stress dein Nervensystem immer wieder in den „grünen Bereich“ navigieren.
Wenn dir diese Herangehensweise gefällt, habe ich noch mehr Tipps für ein entspanntes Nervensystem für dich! Ich habe gerade ein ganzes E-Book veröffentlicht, in dem ich dir helfe, dein individuelles Nervensystem kennen zu lernen und zu spüren, was DU wirklich brauchst, um dich zu entspannen. Darüber hinaus findest du eine ganze Fülle von Inspirationen, praktischen Tipps und Spielen wie du im Urlaub abschalten und mit deinem Nervensystem umschalten kannst. Hier entlang!
Ein Wort für besonders schwere Situationen
Vielleicht ist dir gerade so gar nicht nach Spielen zu Mute, weil dir ein Urlaub bevor steht, der sich besonders schwer anfühlt. Vielleicht hast du eine Wendung deines Lebens oder einen Verlust erfahren, die dich erschüttert haben. In diesen Momenten können wir oft gar nicht bewusst sagen, was wir gerade brauchen und wollen. Es gibt keine „Lösung“. Die Gefühle sind intensiv und sie sind da.
Manchmal tut es gut, einfach zu wissen: Alles, was ich tun muss, ist einen weiteren Atemzug zu machen. Und einen weiteren. Sei sanft zu dir und zu deinem Nervensystem. Spüre in dich hinein und erlaube dir das zu tun, was sich nach Frieden anfühlt. Vielleicht ergeben sich dann Momente, in denen du unter der Trauer und Angst spüren kannst, dass es einen Ort in dir gibt, der tiefer und weiter ist als all diese Gefühle. Der all das aufnehmen und da sein lassen kann. Der dich in Frieden hüllt. An dem du sein darfst, wie du bist.
Wie fühlt sich dieser Gedanke für dich an: Dein Körper tut immer sein Bestes, um dich zu unterstützen. Sei sanft zu deinem Nervensystem und es wird ebenso liebevoll zu dir sein. Es wird dir helfen, deinen Weg zu finden. Und möglicherweise entdeckst du nach und nach auch im Außen kleine Spüren des Trosts und der Liebe, die das Leben dir schenkt.
Ich wünsche dir einen friedlichen Urlaub und viel Freude beim Entdecken all der Möglichkeiten, die wir im Stress übersehen.
Bleib neugierig,
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