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Das Leben als Puzzle

In dieser Serie denke ich über faszinierende Metaphern nach. Ich liebe Perspektivwechsel, die uns helfen können, unser Leben in einem neuen Licht zu sehen.

Unsere Welt ist oft hektisch und anspruchsvoll. Viele von uns suchen nach Wegen, besser für uns zu sorgen, das Leben besser zu verstehen und die Herausforderungen, die uns begegnen, zu lösen. Wenn es stressig wird, geht uns oft als erstes der Spaß verloren. Dabei könnte genau das die paradoxe Lösung für viele unserer hartnäckigsten „Schmerzpunkte“ und eine gelingende Selbstfürsorge sein.

Eine interessante Möglichkeit, das Leben zu betrachten, ist die Metapher des Puzzles. Ein Puzzle kann uns viel über die Herausforderungen und Lösungen in unserem eigenen Leben lehren. Und über die Art unseres Gehirns, uns unabsichtlich zu blockieren.

Die Kunst des Loslassens

Ich puzzele sehr gerne. Es wirkt auf mich beruhigend, ich höre dabei gerne einen Podcast und habe etwas für meine Hände zu tun. Außerdem finde ich es befriedigend zu sehen, wie das Puzzle langsam mehr wird.

Für meine Gehirn reicht die kleine Belohnung, ein passendes Teil zu finden, um eine Dosis Glückshormone auszuschütten. Das fühlt sich gesünder an, als auf dem Handy zu spielen oder „Likes“ auf Social Media zu sammeln.

Puzzeln hilft mir, andere Probleme meines Lebens für einem Moment loszulassen und mich auf etwas schönes, konstruktives und beruhigendes zu konzentrieren.

Die Kunst des Loslassens ist aber auch ein zentraler Teil des Puzzelns. Wenn ein Puzzleteil nicht passt, probiere ich es vielleicht noch hier und da. Dann lege ich es zur Seite und versuche es später erneut.

Ähnlich können wir im Leben bestimmte Aspekte vorübergehend loslassen, wenn sie uns überfordern oder blockieren.

Manche Dinge werden erst besonders schön, wenn wir sie loslassen.

Ein Perspektivwechsel

„Wie würde ich dieses Problem angehen, wenn ich wüsste, dass es dafür eine genau passende Lösung gibt?“
Diese Frage habe ich mir selbst im letzten Jahr immer wieder gestellt.

  • Selbstkritik: Ich würde aufhören, mich selbst dafür zu kritisieren, dass meine Lösung nicht funktioniert. Es wäre ja ein normaler Teil des Spiels, dass die meisten Lösungsversuche nicht beim ersten Mal klappen. Ein Puzzle beim ersten Anlauf komplett zu lösen wäre auch ganz schön langweilig.
  • Weniger Anstrengung: Ich würde mich nicht mehr so lange mit unpassenden Lösungen herumschlagen, die einfach nicht gut passen. Ich würde früher nein sagen.
    Oft halten wir an Teilen unseres Lebens fest, die sich einfach nicht richtig anfühlen. Egal wie wir es drehen und wenden. Vielleicht ist es an der Zeit, etwas loszulassen und stattdessen ein neues Puzzlestück zu suchen.
    „Ich darf nicht nein sagen.“, „Ich habe es einfach nicht genug probiert.“ Diese typischen Gedanken führen dazu, dass du dich viel zu lange mit einem Problem abmühst, dass dir deine Zeit, Kraft und Freude raubt.

Die Puzzle-Metapher erinnert uns daran, dass es in Ordnung ist, einige Teile beiseitezulegen. Darauf zu vertrauen, dass wir passendere Optionen finden werden. Auch, wenn wir sie mitten im Chaos gerade noch nicht erkennen können.

„Das MUSS doch passen!“

Geht dir das auch so? Manchmal fällt es mir schwer zu akzeptieren, dass ein Puzzleteil einfach nicht passt. Ich probiere das gleiche Teil immer wieder an der gleichen Stelle, obwohl ich schon genau weiß, dass die letzten 8 Mal auch nicht eingerastet ist. Ich muss es scheinbar mehrmals spüren, dass es nicht geht, bevor ich mir die Mühe mache, den ganzen Haufen nochmal zu durchsuchen.

So mache ich es übrigens auch, wenn ich meinen Schlüssel suche – ich schaue immer wieder an den gleichen 3 Stellen (Schlüsselbrett, Küchenkommode, Rucksack) und denke: „Der MUSS doch hier sein!“

Irgendwie sind wir bei vielen Problemen des Lebens auf eine gewissen Lösung eingeschossen. Es fällt uns schwer, uns davon zu lösen.

Die Hirnforschung hat gezeigt, dass unser Gehirn beim Suchen zwischen zwei Arten des Sehens wechseln kann: den sogenannten „Narrow Focus“ und „Soft Focus“. Unser Nervensystem verwendet den engen (englisch = narrow) Fokus, um Gefahr zu erkennen und zu lokalisieren. Deshalb fährt es auch vorsorglich schon mal die Stressreaktion hoch, wenn wir lange konzentriert auf eine kleine Stelle starren.

💡 Das ist übrigens auch ein Grund, warum es unseren Körper stresst, zu lange auf kleine Bildschirme zu starren! In der „freien Wildbahn“ haben unsere Vorfahren das nur beim Jagen oder bei Gefahr getan. 👀🧠⚡

Durch diese Stressreaktion wird aber auch allzu kreatives denken abgeschaltet (kostet zu viel Energie), sodass uns auch nur begrenzte neue Lösungen einfallen.

Pausen, Zeit in der Natur, Abstand von Bildschirmen und anderen ständigen Reizen helfen uns, in den Zustand des Soft Focus zu wechseln. Dabei schweifen unsere Augen locker zwischen der Ferne und Nähe, rechts und links umher. Diese Art des Sehens löst im Gehirn ein Entspannungssignal aus: Alles ist ok. Es werden andere Regionen der Gefühlsverarbeitung, der Erinnerung und des logischen Denkens aktiviert. Und plötzlich werden ganz andere Lösungen sichtbar, die wir zuvor nicht wahrgenommen haben.

Spaziergang - neuer Fokus hilft Probleme lösen
Abwechslungsreiche, sanfte Sinnesreize, Bewegung, frische Luft, tiefere Atmung.
Ein kurzer Spaziergang kann enorm helfen, das Gehirn in einen effektiveren Zustand zu versetzen und Probleme „im Vorbeigehen“ zu lösen.

Wann fühlt sich dein Leben wie ein Spiel an?

Eine weitere interessante Frage, die sich aus der Puzzle-Metapher ergibt, ist die nach dem Spielgefühl im Leben. Wenn wir auf unser Leben als Puzzle blicken, können wir fragen: Wann fühlt sich mein Leben wie ein Spiel an?
Und wenn nicht, warum nicht?

Wir können lernen, einen neugierigen und kreativen Blick auf unsere Probleme zu werfen.

Wenn du dabei gerade nur genervt die Augen verdrehen kann, und deine innere Stimme sagt: „Schön für dich, wenn dein Leben ein lustiges Spiel ist, meins ist es nicht“ – dann ist es vielleicht höchste Zeit, etwas Abstand zu gewinnen und Selbstfürsorge zu betreiben, um danach mit einem frischen Blick auf die Herausforderungen zu schauen.

Spiel
Spürst du den Kontrast zwischen der Stimmung oben und diesem Bild?
Allein die Vorstellung aktiviert bereits neue Netzwerke in deinem Nervensystem.

Glaub nicht alles, was du denkst!

Wenn ich puzzele, sagt mein Gehirn mir manchmal komische Sachen. Zum Beispiel: Das Teil ist nicht da! Ich hab es überall gesucht, es ist weg. Vielleicht fehlt es, oder die Kinder haben es verschleppt.

Dann hole ich mir ein Glas Wasser, setze mich wieder hin und plötzlich liegt das verschollene Teil direkt vor mir.

Ehrlich, jedes Mal. Warum?

Weil mein Gehirn durch die Pause in den weichen Fokus gewechselt hat.

Und weil das Gehirn die Realität nicht so interpretiert, wie sie wirklich ist. (Wie gesagt: das wäre viel zu anstrengend, die Welt ist viel zu komplex.) Sondern so, dass sie am besten zu unserem üblichen Denkprozess passt. Wenn das Teil nicht da ist, denke ich das gleiche wie immer, wenn ich etwas suche: ich hab keine Lust mehr, die Kinder sind Schuld… und dann gucke ich in den Kühlschrank. Egal, was ich vorher gesucht habe. 😄

Unser Denken ist unbewusst darauf ausgerichtet, Beweise für bereits etablierte Ansichten zu finden. Diese können sich in Form von negativen Gedanken äußern, wie „Das Puzzleteil gibt es nicht“ oder „Das Puzzle ist zu schwer“, „Ich bin zu blöd, ich kann das nicht“.

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Gedanken nicht die Wahrheit sind, sondern lediglich das übliche Gebrabbel unseres Verstandes.

Wenn ich mich mal wieder in einem Problem verrenne, hilft mir dieser Postkarten-Spruch, der in meiner Lehrpraxis an der Tür des Mitarbeiterraums hing: Glaub nicht alles, was du denkst!

Wenn du merkst, dass dein Gehirn nur noch negative Gedankenblasen produziert, atme einmal tief aus und stelle sie dir vor wie Seifenblasen, die langsam davon schweben und leise platzen..

Strategien zur Lösung von Problemen

Die Puzzle-Metapher bietet uns auch einige praktische Strategien, die uns bei der Lösung von Problemen im Leben helfen können. Ähnlich wie beim Puzzeln, können wir auch in anderen Lebensbereichen bestimmte Schritte befolgen. Meine Puzzle-Strategie lautet:

  • Erst den Rand: Beginne mit den Grundlagen, den Rahmenbedingungen deines Lebens. Dies könnten Arbeitszeiten, Kinderbetreuung oder notwendige Routinen für deine (mentale) Gesundheit sein. Setze die Teile, die dir am meisten bedeuten, an den Anfang. Und plane sie als erstes in deinen Kalender ein.
  • Dann die Bereiche, die du am schönsten findest: Viel zu oft sind wir darauf konzentriert, was wir tun „müssen“ oder „sollten“. Wie wäre es, wenn du einmal ausprobierst, einen ganz normalen Tag mit dem Teil anzufangen, auf den du am meisten Lust hast? Für mich ist das aktuell ein besonders schönes Ritual. Und ich frage mich oft, wenn ich meine To Do Liste anschaue: Worauf habe ich spontan am meisten Lust?
    Tatsächlich spüre ich dann oft eine Antwort. Und dann spüre ich sofort den den Impuls, diese Antwort zu unterdrücken und das zu machen, was „man“ als erstes macht. Was ich gewöhnt bin, oder wie ich es irgendwann mal geplant habe. Ich breche dieses Muster bewusst auf, um mehr Spaß und Leichtigkeit zu erleben. Dabei merke ich, dass mir dieser Spaß am Anfang die Kraft gibt, später auch unschöne Aufgaben schneller abzuhaken. Wenn ich im Flow bin, geht das leichter. Im Zweifel hilft bei den doofen Sachen auch etwas gute Musik.
  • Erst dann den Rest: Nachdem du die grundlegenden Elemente organisiert hast, kannst du dich den kleineren Details und Herausforderungen widmen. So kannst du verhindern, dass du dich an nebensächlichen Kleinigkeiten ewig aufhältst, am Ende nichts geschafft hast, das dir wirklich wichtig ist und die Laune mies wird.

So eine grundlegende Struktur hilft, große Aufgaben herunter zu brechen und Orientierung für die nächsten Schritte zu finden. Erst der Rahmen, dann das Schöne, dann der Rest – das kannst du anwenden, egal ob dein Puzzle 24 oder 1000 Teile hat. Egal welches Motiv darauf ist. Du hast klare Schritte, die dir helfen, mich langsam vom Chaos zum Fertigen Bild vorzuarbeiten.

Auch im Coaching haben meine Klienten es manchmal mit unübersichtlichen Situationen zu tun. Dann helfen klare Strukturen und Methoden, die flexibel auf alle möglichen Probleme angewendet werden können: Das Nervensystem beruhigen, innere Konflikte und Widerstände wertschätzend auflösen – und Schritte finden, die sich richtig gut anfühlen.

Rahmen Puzzle Spiel
Ein guter Rahmen kann helfen, innerlich Ordnung zu finden und einen sinnvollen Anfang zu machen. Daraus ergibt sich oft der nächste Schritt.

Podcast-Empfehlungen zum Puzzeln

Zum Abschluss wie immer noch ein paar Empfehlungen.

Wenn du mehr darüber hören möchtest, wie du aufblühen kannst, indem du IN deine Komfortzone zurück kehrst, statt dich ständig zu zwingen, sie zu verlassen, kannst du dir hier mein Interview dazu anhören.

Der Podcast „Meditative Stories“ bietet schöne Musik und inspirierende Erzählungen (auf englisch), ich höre ihn total gerne zum Puzzeln! Die Episode mit Carla Hall ist eine fesselnde Reise in die Welt des Spielens und des Soulfood. Carla Hall erzählt auf beeindruckende Weise von der befreienden Macht des Spielens und wie es uns dabei hilft, unser Leben neu zu entdecken, zu genießen und wie sie völlig überraschende Ideen fand, die sie wirklich glücklich machten.

Wer Podcasts lieber auf deutsch hört, dem kann ich „Geschichten aus der Geschichte“ empfehlen – hier gibt es interessante Geschichten, die so wirklich irgendwann mal passiert sind und unsere Welt geprägt haben. Spannend fand ich zum Beispiel die Entstehungsgeschichte von Tetris – mitten in den Wirren des kalten Krieges – oder „Wie Gregor McGregor ein Land verkaufte, dass es gar nicht gab„.

Zu entspannen und sich anderen Themen zuzuwenden, kann bewirken, dass das Gehirn innerlich zwei völlig unzusammenhängende Dinge verknüpft – und eine kreative Idee entsteht, die neue Möglichkeiten eröffnet.

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